Phantastisch-lesen beim ersten Branchentreffen des Phantastik-Autoren Netzwerks PAN

Engagierte Schriftsteller phantastischer Literatur, Lektoren und Buchhändler gründeten Ende 2015 das Autorennetzwerk PAN (Phantastik-Autoren Netzwerk). Denn es war höchste Zeit, dass auch diese Autorengruppe eine Stimme und einen Verbund erhielt, der ihre Interessen vertritt.  Am 21. und 22. April 2016 veranstaltete PAN das erste Branchentreffen, um sich vorzustellen und um über branchenrelevante Themen zu referieren und zu diskutieren. Als Veranstaltungsort wählten sie das Odysseum in Köln-Kalk, drei KVB-Bahnstationen von meinem Heim entfernt. Und so durfte ich mir dieses Event natürlich nicht entgehen lassen.

Donnerstag, 21. April 2016 – Phantastisches Gipfeltreffen

© Eva Bertschneider
Heitz, Meyer, Hennen, Paul

Das Treffen begann für mich, da ich mir am ersten Tag nicht frei nehmen konnte, am Donnerstagabend mit dem Highlight; dem Phantastischen Gipfeltreffen mit Bernhard Hennen, Markus Heitz und Kai Meyer. Diese drei wohl erfolgreichsten Phantastik-Autoren Deutschlands hatten zuvor nie gemeinsam auf der Bühne gestanden, was man kaum glauben mochte. Denn die Drei waren ein eingeschworenes und unterhaltsames Team. Sie spielten sich einander so spontan Sprüche zu, dass es eine reine Freude war. Karla Paul, die Moderatorin, stellte fest, dass alle drei Autoren Journalisten und Rollenspieler sind und fragte, ob darin ein Schlüssel zum Erfolg liegt. Alle drei Autoren bestätigten, dass Journalisten disziplinierte Textschreiber und Rollenspieler geübte Weltenbauer sind, was dem Autorenjob zugute kommt. Danach wurde die Diskussion – intimer. Denn Kai Meyer offenbarte im Gespräch mit Markus Heitz, dass er einst „fester Freier“ bei der Tageszeitung war, der über Flirtmethoden in Krefelder Diskotheken recherchierte. Woraufhin Markus Heitz erklärte, dass man auch den Begriff „Rollenspieler“ in Zeiten nach „Shades of Gray“ vorsichtiger gebrauchen muss.

Kai Meyer © Eva Bertschneider
Kai Meyer

Gelesen haben die drei Autoren natürlich auch. Kai Meyer stellte den Anfang von „Die Seiten der Welt“ vor, seiner aktuellen Trilogie, dessen finaler Band „Blutbuch“ kürzlich erschienen ist. Markus Heitz las aus „Aera“, seiner aktuellen Dark-Fiction Reihe im E-Book Format. Und Bernhard Hennen hatte „Himmel in Flammen“ mitgebracht, das opulente Finale seiner Drachenelfen-Saga, die ebenfalls kürzlich erschienen ist.

Markus Heitz © Eva Bertschneider
Markus Heitz

In der anschließenden Diskussion wollten die Zuhörer gern wissen, inwiefern Kai Meyer, Markus Heitz und Bernhard Hennen in ihrer Karriere die Erfahrung machten, von den Verlagen zu bestimmten Themen gedrängt zu werden, oder bei einem Erfolgsrezept bleiben zu müssen. Kai Meyer und Markus Heitz blieb diese Erfahrung erspart und gerade der Erfolg der „Zwerge“ gab Markus Heitz die Gelegenheit, andere Themen auszuprobieren, die nicht so erfolgversprechend waren. Bernhard Hennen schreibt inzwischen auch Historische Romane und erzählte, dass er von seinem Lektor einmal gebeten wurde, doch eine Liebesgeschichte in seinen schon fertigen Roman zu integrieren. Gesagt – getan. Später wunderte sich allerdings eine andere Lektorin, die von der Vereinbarung nichts wusste, was dieser Teil der Geschichte denn in dem Roman verloren hätte.

Bernhard Hennen © Eva Bertschneider
Bernhard Hennen

Chancen und Gefahren von Self-Publishing, Gratis-Werbeaktionen und E-Book Flats wurden ebenfalls engagiert diskutiert. Und auch die Frage, warum erst nach dem „Harry Potter“ Boom Schriftstellerinnen den Fantasy-Markt in Deutschland erobert haben. Es war ein interessanter und unterhaltsamer Abend, der die drei Erfolgsautoren dem Publikum näher brachte und eindrucksvoll bewies, dass sie auch auf der Bühne wahre Profis sind.

Freitag, 22. April 2016 – über Social Media, Konzepte für Veröffentlichungen und die Zukunft der Phantastik

Mit der Podiumsdiskussion „Was bringen Leserunden und Lovelybooks, Conventions und Lesungen?“ ging es am Freitagmorgen los. Auf dem Podium nahmen Jennifer Benkau (Autorin), Tommy Krappweis (Autor, Regisseur) Susanne Kasper von Literaturschock.de, Karsten Wolter von WerkZeugs und der Buchhandlung Drachenwinkel und der Verleger Jürgen Eglseer (Amrûn Verlag) Platz.

© Eva Bergschneider
Eiglseer, Wolter, Handel,Benkau,Krappweis, Kasper

Obwohl es ja eigentlich um Leserunden und Conventions gehen sollte, konzentrierte sich die Diskussion, geleitet von Christian Handel, zunächst auf Social Media und Facebook. Was macht einen Facebook-Auftritt erfolgreich? Alle Beteiligten sind sich darüber einig, dass ein richtiges Maß an Postings wichtig ist, eines das den Leser regelmäßig auf Bücher, Veranstaltungen und Neuerungen aufmerksam macht, ohne ihn zu nerven. Neben Authentizität ist Unterhaltsamkeit das wichtigste Kriterium erläutern Thommy Krappweis und Karsten Wolter. Beide betonen die Effektivität von Werbung für Postings und die damit erzielte Ausweitung der Zielgruppe über den bereits vorhandenen Kontaktkreis hinaus. Aus  Sicht eines neuen kleinen Verlags ist eine regelmäßige Präsenz auf Facebook unverzichtbar, erklärt Jürgen Eglseer, räumt allerdings ein, dass man dort die junge Generation nicht mehr antrifft. Die nutzt inzwischen Whatsapp und Snapchat und man muss sich auch mit diesen Plattformen beschäftigen.

Die Frage, was die Teilnahme an Leserunden den Autoren bringt, gab Susanne Kasper in die Runde zurück und forderte auf, doch erst einmal zu klären, was denn von Leserunden erwartet wird. Obwohl Jennifer Benkau gerne an Leserunden teilnimmt und viel Zeit investiert, kann sie nicht feststellen, dass dies zu höheren Verkaufszahlen ihrer Bücher führt. Die Teilnehmer an den Leserunden sind oft immer dieselben und es ist für die Autorin mehr ein Spaß, als ein Nutzen. Tommy Krappweis nutzte den Kontakt zu seinen Lesern vor der Veröffentlichung des zweiten „Mara“-Bands „Das Todesmal“ dafür, gezielt Fragen zu stellen und erhielt konstruktive Antworten. Kai Meyer (im Publikum) möchte sich dagegen nicht von seinen Lesern erklären lassen, was er zu schreiben hat und beteiligt sich eher nicht an Leserunden.

Neue Formen der Entstehung von Büchern

Katrin Weller (Programmleitung Oetinger 34) stellte in ihrem Vortrag das Konzept des Verlags für junge Literatur vor. Gemacht wird sie von Nachwuchsautoren in engster Zusammenarbeit mit Nachwuchsgrafikern, Lektoren und Lesern. Das Projekt will gutem Nachwuchs nicht nur eine Plattform für das Teampublishing bieten, sondern ein Zuhause für Kreativität. Am Anfang der kreativen Arbeit bei Oetinger 34 steht ein Bewerbungsprozess, denn neben Teamarbeit soll hohe Qualität im Vordergrund stehen. Diejenigen Bewerber, die in das Projekt aufgenommen werden, suchen sich ein passendes Team zu ihrem geplanten Projekt – oder werden von anderen Mitstreitern gefunden. Und dann kann es losgehen.

Die Community stimmt über die beliebtesten Projekte ab und Platz 1 erhält eine Verlagspublikation. Über weitere Veröffentlichungen entscheidet das Oetinger 34 Team, zudem gibt es Sonderausschreibungen. Von der Fantasy- Romanserie „Kings and Fools“ der Autoren Natalie Matt und Silas Matthes sind bereits fünf Bände als E-Book und Hardcover erschienen. Bernhard Hennen hat die beiden jungen Autoren als Pate unterstützt und ihnen unter anderem den Schwertkampf beigebracht.

Magische Hörwelten: Phantastik vertont

Torsten Surberg (Director Program Development) von Audible stellte in seiner Präsentation das Erfolgskonzept des Audiobook-Anbieters vor. Audible bietet Hörbücher und Hörspiele in ungekürzter Form an. Für die Hörbuchversion von Robert Jordans „Das Rad der Zeit“ heißt das zum Beispiel, das der Kunde insgesamt mehr als 625 Stunden Spieldauer genießen darf. Ziel des Unternehmens ist es, dass Audio-Books hören genau so verbreitet und selbstverständlich werden soll, wie Musik hören oder TV sehen. Phantastik ist das Genre, das im Audiobook Bereich besonders gut ankommt, der Marktanteil an phantastischen Hörbüchern beträgt 30%, weit vor Krimi und Belletristik. Audible produziert auch selbst Hörspiele wie zum Beispiel „Macbeth“ von David Hewson.

Die Zukunft der deutschen Phantastik

In der abschließenden von Laura Zinn moderierten Diskussionsrunde haben Podium und Publikum sofort sehr angeregt miteinander debattiert. Kai Meyer, Natalja Schmidt, (Programmleiterin Droemer Knaur) Michelle Gyo (Lektorin cbt Verlag Kinder und Jugendbuch), Hannes Riffel (Programmbereichsleiter FISCHER Tor) und Michael Meller (Literaturagent und Dinosaurier der Branche) nahmen zunächst eine aktuelle Bestandsaufnahme vor.

© Eva Bergschneider
Gyo, Meller,Schmidt,Riffel,Meyer, Zinn

Die Verlage nehmen deutsche Phantastik-Literatur verstärkt als Erfolg versprechendes Genre wahr, wie das neue Phantastik-Programm bei Droemer-Knaur und das Fischer Imprint Tor beweisen. Neben Fantasy werden auch viele neue Science-Fiction Titel veröffentlicht.
Michael Meller konstatiert, dass die aktuelle Basis der deutschen Fantasy auf 3 Säulen beruht: 1. dem Rollenspiel, 2. Fantasy nach Tolkien‘ schem Vorbild und 3. Fantasy à la George R. R. Martin. Meller beklagt, dass viele deutsche Autoren ihre erfolgreichen Kollegen aus USA nachahmen, statt eigene Geschichten zu entwickeln. Er vermisst die Vielfalt in der Phantastik und wünscht sich neue Ideen wie zum Beispiel eine gesellschaftspolitische Variante der Fantasy. Doch würde die sich überhaupt verkaufen? Hannes Riffel glaubt, dass Fantasy zwar in der Allgemeinheit der Leser angekommen ist, sich aber abseits der etablierten Themen schwerlich in großen Stückzahlen verkaufen lässt.  Wollen gar die etablierten Verlage keine neuen Ideen in der Phantastik? Doch, wollen sie bestätigen Natalja Schmidt und Hannes Riffel, es gelte die richtige Mischung anzubieten. Im Fahrwasser erfolgversprechender Bücher können auch Experimente gewagt werden.

Doch wie anspruchsvoll und vielfältig ist das Phantastik Angebot wirklich?

Teilnehmer aus dem Publikum berichten von Erfahrungen, dass Bücher aufgrund von zu vielen Handlungsebenen von Verlagen abgelehnt wurden. Oder Fantasy-Literatur mit historischem Hintergrund vor den „Temeraire“ Büchern von Naomi Novik in Deutschland nicht veröffentlicht wurde. Auch die Buchcover sind immer gleich. Würde mehr Kreativität auf dem Cover helfen, deutsche Phantastik zu verkaufen? Micheal Meller meint, dass Buchcover oft überbewertet werden und dass ein gutes Buch sich auch verkaufen ließe, wenn es in braunes Packpapier gewickelt angeboten würde. Er hält die Mundpropaganda für den entscheidenden Verkaufsfaktor. Und die Qualität, darüber waren sich alle einig. Ein gut geschriebenes Buch wird kein Verlag ablehnen und es verkauft sich, auch wenn es gänzlich neue Wege beschreitet.

Wie lautet also das Erfolgsrezept, wenn man Fantasy weiterentwickeln, aber auch gut verkaufen möchte?

„Reicht ein gutes Manuskript ein.“

fordert Michael Meller die Autoren auf.

„Schreibt genau das, was ihr wollt.“

und

„Schreibt für den deutschen Markt und hört auf, auf den internationalen Markt zu schielen.“

lauten die Ratschläge von Kai Meyer. Auf die Bitte, ein abschließendes Resümee in drei Worten zu formulieren, meint Natalja Schmidt nur

„Das wird geil“.

Und diesen Schlussworten zum ersten Branchentreffen des Phantastik Autoren Netzwerks ist auch nichts mehr hinzuzufügen.
Fotos: © Eva Bergschneider

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