Die flammende Welt – Genevieve Cogman

Der dämonische Widersacher kehrt zurück und bringt Gleichgesinnte mit

Die flammemde Welt - Genevieve Cogman © Bastei Lübbe
Die flammemde Welt © Bastei Lübbe

Nach der nicht autorisierten Rettungsaktion in Venedig wurde Irene Winters zur Bibliothekars-Agentin auf Bewährung degradiert. Zu Anfang des Abenteuers in „Die flammende Welt“ erledigt sie mit Azubi Kai einen Auftrag in einer napoleonischen Welt. Soldaten der Nationalgarde sind ihnen auf den Fersen und die Agenten erreichen mit knapper Not ein Portal zur Bibliothek. Doch als Irene es mit Hilfe der Sprache öffnen will, geht es in Flammen auf. Eine Sackgasse aus der die beiden Bibliothekare nur mit Hilfe der Flugkunst des Drachen Kai mit heiler Haut entkommen.

Zurück in der Bibliothek finden sie diese in Aufruhr vor. Anscheinend zerstört Alberich, der abtrünnige Bibliothekar, systematisch die Übergänge zu den verschiedenen Welten. Einige Agenten gelten als vermisst. Zurück in der Welt B-395, in der Irene die ortsansässige Bibliothekarin ist, stellen sich weitere Schwierigkeiten ein: Entführung durch Werwölfe. Besuch der Elfin Zayanna und des Drachen Li Ming, die Gefallen einfordern. Freund und Privatdetektiv Vale im Drogenrausch. Ausgerechnet der Elfenlord Silver liefert die wichtige Information, dass Alberich Anhänger um sich schart, um die Bibliothek zu zerstören.

Ein neuer Auftrag führt Irene und Kai in eine Alternativwelt des russischen Zarenreichs. Dort treffen sie unvermittelt auf Alberich, der in Personen wie in Pyjamas schlüpft,  in der Gestalt eines hohen Militäroffiziers. Um die Zerstörung der unsichtbaren Bibliothek aufzuhalten, folgt Irene ihm in seinen selbstgeschaffenen Abgrund.

Chaos und Ordnung aus dem Gleichgewicht

Einiges spricht dafür, dass die britische Autorin Genevieve Cogman es ähnlich handhabt, wie Ben Aaronovitch in der „Peter Grant“ Serie. Möglicherweise tritt auch in ihrer Serie „Die unsichtbare Bibliothek“ der ultimative Bösewicht und Gegner Irenes in jedem zweiten Band auf. Im dritten Teil „Die flammende Welt“ ist es wieder soweit: wie im ersten Band gilt es, Alberich  von einem schändlichen Vorhaben abzuhalten. Erschwerend kommt hinzu, dass Vale die Chaosverseuchung, die er sich in Venedig zugezogen hat, schwer zu schaffen macht. Eigentlich müsste er in einer geordneten Welt geheilt werden, doch dafür ist keine Zeit. Denn es geht es Schlag auf Schlag zur Sache, Langeweile kommt keine auf. Irene und Kai bewegen sich wie Getriebene zwischen den Welten und der Bibliothek, stets verfolgt und ohne die Möglichkeit, einmal inne zu halten. Das hält den Spannungslevel hoch und sorgt für stetige Unruhe und eine chaotische Atmosphäre.

Ein klarer Pluspunkt dieses Romans ist es, das einige der Nebenfiguren sich von einer anderen Seite zeigen. Vale, sonst ein Garant für Zuverlässigkeit und Vernunft, gibt sich neurotisch und selbstmitleidig. Die interessanteste Nebenfigur ist die Elfin Zayanna, sie ist zugleich gefährlich und hilfsbereit. Und selbst Alberich, der Dämon, hat möglicherweise aus seiner Sicht gute Gründe dafür, die Bibliothek zerstören zu wollen. Genevieve Cogman hat ein Händchen dafür, aus Figuren Persönlichkeiten zu machen. Zwar sieht der Leser sie ausschließlich aus dem Blickwinkel der Protagonistin Irene, erhält aber dennoch tiefe Einblicke in den Charakter jeder noch so unwichtigen Nebenfigur.

Für den Aufbau des Romans hat sich Genevieve Cogman einige originelle Details einfallen lassen. Das Buch startet mit Warnhinweisen für Reisende der Bibliothek, die einen kurzen Statusbericht über verschiedene Welten wiedergeben. Im Prolog lesen wir einen Brief von Vale, der bereits verdeutlicht, wie sehr er sich verändert hat. Eine hübsche Idee ist auch Irenes Personalakte im Innencover. Die Schreibe der Autorin ist gewohnt flott und variantenreich, mit vielen ironischen Spitzen. Dass ein neuer Übersetzer den deutschen Text erstellt hat, merkt man überhaupt nicht. Offensichtlich haben sowohl Dr. Arno Hoven, Übersetzer von „Die unsichtbare Bibliothek“ und „Die maskierte Stadt“, als auch André Taggeselle in diesem Band „Die flammende Welt“ unauffällige und daher gute Arbeit nah am Originaltext geleistet.

Endlich eine Weiterentwicklung des Storyrahmens

Dieser dritte Teil der Serie um die unsichtbare Bibliothek liefert etwas, was die bisherigen Bände vermissen ließen, nämlich einen kurzen Blick hinter die Geschichten. „Die flammende Welt“ wirft viele interessante Fragen zum Hintergrund der Serie auf und leitet spannende Entwicklungen ein. So wird angedeutet, woher die Elfen stammen und ein kurzer Blick auf Irenes Familiengeschichte geworfen. In den Folgebänden werden diese Themen sicherlich für spannenden Handlungsstoff sorgen. Trotzdem ist es schade, dass dieser Band so viele neue Themen anschneidet und so gut wie keine Antworten liefert.

Insgesamt bietet „Die flammende Welt“ vom Anfang bis ins Finale Action und Spannung in haarsträubenden Abenteuern. Endlich hinterfragt mal jemand die Position der Bibliothek in diesem Weltengefüge zwischen Ordnung und Chaos, enthüllt überraschende Details und ermöglicht neue Einsichten.

Eva Bergschneider

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Die flammende Welt
Die unsichtbare Bibliothek - Band 3
Genevieve Cogman (Übersetzer André Taggeselle)
Fantasy
Bastei Lübbe
März 2017
445

Fantastik-Faktor: 77

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