The U-Files-Die Einhorn Akten – Sandra Florean (Hrsg.)

Es gibt keine Einhörner – oder doch?

Geschichten von Trauer und Freude, Verrat und Treue, Zerstörung und Aufbau

The U-Files - Die Einhorn Akten - Sandra Florean (Hrsg)© Talawah Verlag
The U-Files – Die Einhorn Akten © Talawah Verlag

Die Einhorn-Akten, welch grandiose Idee! Vor allem seit vor zwei Jahren weißpummelige kitschige Vertreter dieser Rasse mit Regenbögen da oder dort nicht nur auf Süßigkeiten und Getränken, sondern sogar auf Toilettenpapier auftauchten. Es wäre zu vermuten, dass sich Sandra Florean, die Herausgeberin, auch deshalb dazu berufen fühlte, nach wahren Einhorn-Geschichten zu fahnden. Im jungen Talawah-Verlag (ab 2015) fand sie Verbündete. Belohnt wurde das Engagement aller mit der Verleihung des Deutschen Phantastik Preises 2018 für die beste Anthologie. Auf der Phantastika in Berlin wurde Phantastisch-Lesen deshalb auf den Band aufmerksam und wollte wissen, ob der Geschmack der vielen Leser auch den der Redaktion trifft und warum.

23 Autoren, so vielseitig wie das Leben selbst, waren in unterschiedlichen Dimensionen den Fabelwesen auf der Spur. Das Thema Rettung taucht in den meisten Geschichten auf, entweder müssen Menschen oder Einhörner gerettet werden. „Die Wahl“ von Veronika Rothe und „Hinter den Bildern, zwischen den Seiten“ von Jessie Weber stechen vorbildlich heraus. In beiden Storys helfen Einhörner jungen Mädchen zu erkennen, wer sie wirklich sind und was sie wirklich wollen. Bei aller Härte am Anfang enden die Geschichten mit Seufzern der Erleichterung.

Menschlichkeit zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichten. Wenn auch Fabelwesen die Menschen oder die Welt retten, zeigen sie mit dem Finger auf uns Lesende. Unterstützen wir Trauernde? Wie gehen wir mit den Ärmsten der Gesellschaft um? Ausgrenzung oder Akzeptanz des Andersartigen? „Der Herrscher des Waldes“ von Anne Haubner und „Einhornwut“ von Liane Mars behandeln gekonnt unseren Umgang mit der Natur und unsere Verbundenheit mit Tieren und Gewächsen.

Magie und Mystik in schnöder Realität

Michael Schäfer steuert eine Steampunk-Geschichte mit einem verrückten Wissenschaftler bei und Valerie Gaber mit „Der letzte Funke“ eine dystopische Endzeit-Story. Beide sind leicht gruselig und werden in der Hinsicht von „Verschwundene Kinder“ von Mathias Ramtke getoppt.

Wahr ist, was alle glauben, was wahr ist. Deshalb kann nicht wahr sein, was nicht wahr sein darf. Es lebe die Ignoranz! Nicht wahr Laurence Horn und Daniela Perndl? Auf sehr amüsante Weise begegnet uns dieses Thema beim Wal, der ein Einhorn sein wollte und darüber mit einer Möwe debattiert (Linn Peltzer). Köstlich amüsiert hat sich die Phantastisch-Lesen Redakteurin bei „Einhörner und andere Nervtöter“ von Anna Holub und noch mehr bei „Sascha“ von Agga Kastell. Schade, dass bei einer Rezension nicht gespoilert werden darf. Übrigens begegnet „Billy O’Mally“ einer Bestie in einem Schelmenstück von Nele Sickel.

„Die Leichtgläubigen wählten stets den Weg des geringsten Widerstands.“ S. 230

Zu Herzen gehende Märchen bescheren uns Adrian Schwarzenberger mit „Die Tränen des schwarzen Einhorns“ und Lilith Korn mit „Das schwarze Einhorn“. Beides Geschichten mit klassischer Symbolik. Musikalische Einhörner begegnen Forschungsreisenden im transsylvanischen Forst (Jasmin Aurel) und bei Ida Reizenstein treibt sich ein Einhorn  im indischen Dschungel herum. Wir wollen mehr! Jenny Wood lässt einen jungen Burschen eine Prüfung beginnen. Bitte schreibe ein ganzes Buch darüber. Auch die Kurzgeschichte „Goldrote Tränen“ von Tanja Hammer könnte der Auftakt eines vielversprechenden Romans sein.

Laurence Horn, Sandra Florean, Amandara, Nele Sickel, Jessie Weber © Amandara M. Schulzke
Laurence Horn, Sandra Florean, Amandara, Nele Sickel, Jessie Weber © Amandara M. Schulzke

Marie Grashoff gestaltete ein wunderschönes Cover, während die Innenillustrationen nicht überzeugen und nicht zu den darauf folgenden Geschichten passen.

Zwei Dinge fallen besonders auf: Die Anthologie ist ausgezeichnet lektoriert und Korrektur gelesen. Unter den Autoren sind eine Menge junger Leute und Nachwuchstalente.

Der Talawah-Verlag hat schon einige Schmuckstücke auf den Buchmarkt geworfen, die „U-Files – die Einhorn-Akten“ gehören auf jeden Fall dazu. Phantastisch lesen gratuliert zum wohlverdienten Preis und freut sich auf Neues aus dem Hause Talawah.

Amandara M. Schulzke

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The U-Files - Die Einhorn Akten
Sandra Florean (Hrsg.)
Fantasy/Phantastik
Talawah
April 2017
373

Funtastik-Faktor: 85

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