Das Reich der Grasländer 2-(Der letze König von Osten Ard 2) – Tad Williams

Das Schicksal Osten Ards wendet sich dem Abgrund zu

Das Reich der Grasländer 2 © Klett Cotta
Das Reich der Grasländer 2 © Klett Cotta

Unver, der neue starke Führer der Thriting-Klane im Grasland, nahm die Hand des Throns, Graf Eolair gefangen. Eigentlich ist er geneigt, mit den Herrschern des Hochkönigsbanns Frieden zu schließen. Denn die Feinde der Thritinge kommen aus Nabban und fallen über die Gründe der Grasländer her. Mit den nun vereinigten Klans will er diese endlich in ihre Schranken weisen. Doch das, was sich schließlich ereignet, konnten weder Unver noch Eolair voraussehen.

Nabban brennt. Jesa, das Kindermädchen von Herzig Saluceris‘ kleiner Tochter Serasina, hörte auf dem Markt eine Händlerin aus ihrer Heimat sagen: „Die große Hütte wird von innen her brennen. Viele werden sterben.“ Und genau so kam es. Jesa flieht mit der Herzogin Canthia und den beiden Kindern in der königlichen Kutsche. Von Königin Miriamel erhielten sie einen wichtigen Auftrag.

Prinz Morgan und die Sithi Tanahaya erreichen die alte Sithi-Stadt Da‘ ai Chikiza. Dort soll sich ein Exemplar des Spiegels befinden, jenes Sithi-Artefakt, mit dem man mit weit entfernten Personen sprechen kann. Der Sithi gelingt es zwar, mit ihrem Stamm Kontakt aufzunehmen, doch die Verbindung wird abgehört. Eine düstere, feindliche Stimme unterbricht die Unterhaltung. Zudem findet Tanahaya heraus, welch schändliches Ziel die Nornenkönigin verfolgt.

König Simon ist müde und auf dem Hochhorst zur Untätigkeit verdammt. Dass sich ein Verräter in seinem Stab befindet, ahnt er nicht. Doch sein Berater Tiamak ist diesem auf den Fersen.

Trennung von Spannungsaufbau und dramatischem Höhepunkt

Bewusst habe ich nur einige Fragmente aus der Handlung wiedergegeben, mit möglichst geringem Spoiler-Potential. In diesem Teil des Romans (die deutschen Ausgaben werden ja jeweils in zwei Büchern veröffentlicht) erleben König Simon, seine Ratgeber Tiamak, und Kanzler Passevalles, Königsenkelin Lillia, Graf Eolair, Ritter Aelin, Soldat Porto, der Troll Binabik, seine Tochter Qina, Königsenkel Morgan und die Sithi Tanahaya, der Nornenbaumeister Viyeki und seine sterbliche Geliebte Tzoja, sowie ihre gemeinsame Tochter Nezeru, Königin Miriamel und die Dienerin Jesa, sowie weitere Erzähler sehr viel mehr. Insgesamt kommt die Handlung hier deutlich voran. Die Teilung hat dem Roman jedoch nicht gutgetan. Der Aufbau der Spannungsbögen in „Das Reich der Grasländer 1“ erreicht im zweiten Teil dramatische Höhepunkte – auf die der deutschsprachige Leser einige Monate warten musste.

Ein Kreislauf der Zeit

Allerdings zeichnet sich ein faszinierendes Merkmal der Reihe „Der letzte König von Osten Ard“ ab, das die Sterbliche Tzoja wie folgt beschreibt:

»Es kam ihr vor, als hätte die Zeit sich wie die symbolische Schlange des Hamakha-Clans selbst in den Schwanz gebissen […] Die Vergangenheit war zurückgekehrt, um die Gegenwart zu verschlingen:« [S.378]

Tad Williams erzählt ein Sequel seiner berühmten Serie „Das Geheimnis der großen Schwerter“. Das nimmt allerdings in vielfacher Hinsicht Bezug auf Ereignisse, die sich Jahre zuvor abspielten und die die erste Tetralogie nicht erzählte. Die aber genauso relevant für die Geschichte Osten Ards sind, und nicht weniger spannend als die bekannten Abenteuer. Dabei kommt den Leser*innen, die die ursprüngliche Reihe kennen, manche Begebenheit bekannt vor. Interessant ist jedoch, dass wir die hier erzählten Taten und Schicksalsschläge zum großen Teil aus einer ungewohnten Perspektive erleben: aus der der Nornen und der Grasländer. Eine Besonderheit, die alle Bücher von Tad Williams auszeichnet, finden wir auch hier: die Stimmen der kleinen Leute. Jesa, Nezeru Tzoja, und sogar die kleine Lilia erzählen vom Leid derjenigen, die die Fehler und Versäumnisse der Mächtigen ausbaden müssen.

Lügen und Hinterlist führen zu Vernichtung und Tod

Und die scheinen direkt zur Vernichtung Osten Ards zu führen. Machtgier, Verleumdung, Lüge, Missverständnissen und blanker Hass formieren Kriegsfronten in allen Himmelsrichtungen. König Simon auf dem Hochhorst, der seine Träume betäubt und vor Einsamkeit vergeht, wirkt apathisch. Und erkennt nicht, dass sich der erbittertste Feind ganz in seiner Nähe befindet und einen weiten Wirkungskreis aufgebaut hat. Die Atmosphäre in „Das Reich der Grasländer 2“ erinnert an die spannendsten und dramatischsten Ereignisse des Kriegs gegen den Sturmkönig. Das Schicksal scheint für den Hochkönigsbann Osten Ards erneut den Untergang bereitzuhalten. Wer wird als Sieger hervortreten?

Der nächste Teil noch nicht in Reichweite

„Das Reich der Grasländer“ Teil zwei zu beenden ist nicht leicht. Denn gleich mehrere Handlungsstränge enden an Wendepunkten, die an Dramatik kaum zu überbieten sind. Noch ist nicht bekannt, wann die Fortsetzung erscheinen wird, daher gilt es zu warten. Und sich im Kopf mögliche Fortsetzungsszenarien zurechtzulegen. Hoffentlich nicht allzu lange.

Eva Bergschneider

Das Reich der Grasländer (Teil 2 der deutschsprachigen Ausgabe)
Der letze König von Osten Ard, Band 2
Tad Williams (Übersetzung: Cornelia Holfelder von der Tann und Wolfram Ströle)
Fantasy
Klett-Cotta / Hobbit Presse
Juni 2020
544
Max Meinzold

Funtastik-Faktor: 85

3 Gedanken zu „Das Reich der Grasländer 2-(Der letze König von Osten Ard 2) – Tad Williams

  1. Endlich wieder eine richtig gute, ausführliche Rezension wo man sich nicht fragen muss ob jetzt der Vorgänger oder der Nachfolger schlecht beziehungsweise gut ist, und welcher Redakteur / welche Redakteurin nun recht hat, wenn man mit einem Lob und einem Verriss konfrontiert wird 😉
    Da kann man nicken und bestellen!

    Wie sieht es eigentlich mit einer Besprechung von „Die Klänge der Magie“ von Pascal Wokan aus?
    Beziehungsweise den neuen Ertlov Romanen?
    Ich vermisse ein wenig die penibel sezierenden Rezensionen von Tamara, die ja selbst beim besten Buch ein Haar in der Suppe findet. Ist sie noch im Team?

    1. Hallo eidgenosse, Du verstehst mich perfekt, denn genau so war die „Das Reich der Grasländer 2“ Rezension gemeint. Haargenau so. 🙂 „Die Klänge der Magie“ von Pascal Wokan habe ich bisher nicht auf dem Schirm, aber ich schaue es mir an. „Zwergenstahl & Drachenfeuer: Die Königin von Hamb (Tanz des Klingensängers 1)“ möchte ich eigentlich besprechen und möglicherweise Tamara die nachfolgenden Romane. Aber im Moment komme ich einfach nicht dazu, weil ich andere Buchprojekte, teilweise mit „Verpflichtungen“, in der Pipeline habe. Ich hoffe, das wird noch klappen, leider frühestens im Oktober. Ich hoffe mit Dir, dass wir von Tamara bald wieder etwas zu lesen bekommen, ich mag ihre Rezensionen auch sehr. Sie ist Gastredakteurin auf phantastisch-lesen, nicht im Kernteam. Aber das hat kaum etwas zu bedeuten. Wenn sie für pl.com schreiben möchte – jederzeit. Und das weiss sie auch. Viele Grüße, Eva

    2. Um Captain Jean-Luc Picard zu zitieren:

      „Reports of my assimilation have been greatly exaggerated!“

      Ich bin jetzt mehr Landwirtin als Schreiberin, aber sehr wohl noch aktiv.

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