Auf zur #fbm18
Gemeinsam machen auch Umwege Spaß
Am 12. Oktober war es wieder so weit, die Buchmesse in Frankfurt stand auf dem Reiseplan. Den Plan durchkreuzte allerdings ein Feuer im voran fahrenden ICE. Um 7:44 am Deutzer Bahnhof in den Zug einsteigen und um kurz nach 9 an der Messe Frankfurt ankommen sollte dieses Mal nicht sein. Wir wurden zum Hauptbahnhof in den ICE Richtung Koblenz umgeleitet, der zunächst auch nicht fuhr, weil zu viele Menschen eingestiegen waren. Rein zufällig traf ich Britta Klöter, die ich sowieso auf der Messe treffen wollte. Wir waren auf der langen Fahrt ganz froh, uns gegenseitig lustige Zuggeschichten erzählen zu können.
Gemeinsam sind Gesprächstermine lustiger und intensiver
Ich schaffte den ersten Verlagstermin bei Droemer Knaur um 11 Uhr so gerade. Patrizia Kessler verwöhnte mich mit Cappuccino und Wasser und versorgte mich mit wertvollen Infos. Droemer Knaur hat zurzeit viele Serien im Programm, sodass mir einige Fortsetzungsbände und relativ wenige ganz neue Titel vorgestellt wurden. Immerhin sind zwei Neuerscheinungen auf meinem Merkzettel gelandet: Eine neue Serie von Kevin Hearne und eine magische Reise in die Historie Manhattans von Lisa Maxwell.
Bei Bastei Lübbe traf ich Annette Geduldig, die mir verheißungsvolle Titel von Graham Moore und Daniela Winterfeld vorstellte. Da Bastei Lübbe im rechtsrheinischen Köln ansässig ist, lasse ich mich dort immer gern über das Lesungsprogramm im Verlagsfoyer informieren. Zudem kannte ich bisher die Bastei Lübbe-Buchhandlung (die aber nicht nur Bastei Lübbe Bücher verkauft) „Siebter Himmel“ noch nicht, die ebenfalls ein Lesungsprogramm anbietet.
Beim Heyne Verlag warteten Judith Madera und Jessica Idczak von Literatopia auf mich. Judith und ich hatten vorab unsere Termine abgestimmt und beschlossen, sie jeweils gemeinsam wahrzunehmen. Auch Judiths Zug hatte Verspätung, aber zum Heyne-Termin bei Frau Teichmann erschienen wir zu Dritt. Das Heyne-Programm klang allgemein vielversprechend und divers: Märchen, Horror, und futuristische Thriller. Ich notierte fünf Titel, was sich als überflüssig herausstellte, denn Frau Teichmann gab uns jeweils eine Vorvorschau für das Frühjahr 2019 mit.
Lachs in der Mittagssonne
War es auf der Frankfurter Buchmesse jemals so warm? Wir hätten in Flip-Flops und Shorts vor dem Lachs-Stand sitzen können, Jochen König, Britta und ich. Wir sprachen über Anspruch und Wirklichkeit in der Literatur- und Kritikerszene, über Präsentationsformate wie „Krimi im Kreuzfeuer“ und Reichweiten von Videoblogs. Den Nachtisch-Cappuccino gab es beim Polar Verlag, der zum Glück aus der Krise errettet wurde und weiterhin ein anspruchsvolles und cooles Programm an Noir-Krimis präsentiert. Wolfgang Franßen stellte mir den Roman „Grant Park“ von Leonard Pitts jr. vor, den die FAZ wohl verrissen hat. Der umfangreiche Krimi im historischen Kontext um Rassismus, Martin Luther King und Barack Obama klingt wirklich gut. Sobald der SUB wieder etwas geschrumpft ist, möchte ich den liebend gern lesen und für Booknerds besprechen.
Am Nachmittag standen für Judith und mich noch Besuche bei Milena Kahlcke von Fischer Tor und, wieder mit Jessica, bei Stefanie Schmieg vom Piper Verlag an. Von Fischer Tor erhielten wir wieder einen Ausdruck der Vorvorschau, von Piper kam diese inzwischen per E-Mail. Fischer Tor ist vor zwei Jahren mit einem äußerst innovativen Programm an den Start gegangen und veröffentlicht jetzt Fortsetzungen der bestehenden Reihen, ähnlich wie Droemer Knaur. Die neuen Titel haben uns nicht so vom Hocker gerissen, einen Öko-Near-Future Thriller von den Gebrüdern Shusterman habe ich mir angekreuzt. Und von Jenny-Mai Nuyen wird es einen neuen Fantasy-Titel geben, auf den ich gespannt bin. Ähnlich war es bei Piper, nichts wirklich außergewöhnliches auf den ersten Blick dabei. Allerdings schreibt Richard Schwarz gerade mit den „Eisraben-Chroniken“ eine Reihe, die sich interessant anhört.
Think Ursula (K. Le Guin)
Katja Böhme, Geschäftsleiterin Marketing und Kommunikation der FBM, hat mit dem Phantastik-Autoren-Netzwerk PAN und der Unterstützung diverser Publikumsverlage dieses Science-Fiction Event ins Leben gerufen. Zwei Diskussionsrunden füllten den Abend. Zuerst ein Gespräch mit Katja Böhme und der Le Guin Übersetzerin bei Fischer Tor Karen Nölle über das Leben und Werk der Autorin, danach eine offene Diskussion über Science-Fiction Literatur in Deutschland.
Das erste Gespräch war (soweit ich es mitbekommen habe, ich kam 30 Minuten zu spät) sehr informativ, zumindest für Le Guin Fans. Karen Nölle beleuchtete kurz einige Bücher von Ursula K. Le Guin und erzählte von ihrer Arbeit als Übersetzerin. Dies hätte schön als Einstieg in eine tiefgreifendere Diskussion mit namhaften SF-AutorInnen über die Bedeutung von Science-Fiction dienen können. Doch diese Chance wurde bei weitem nicht so genutzt, wie angemessen gewesen wäre.
Schon im Vorfeld hatte es Turbulenzen gegeben, da die für die Diskussionsrunde geladenen SF-Autorinnen überhaupt nicht angekündigt wurden – und das bei einer Veranstaltung, die einer der überzeugendsten Feministinnen unserer Zeit gewidmet war. Peinlich. Doch das Fremdschämpotenzial war noch nicht ausgeschöpft.
Nach einigem Stühle rücken nahmen Dmitry Glukhovsky, Dietmar Dath, Andreas Brandhorst, Annette Juretzki, Theresa Hannig, Judith Vogt, Jens Lubbadeh und schließlich Bernhard Hennen auf dem Podium Platz. Reihum stellten sich die Autoren vor und gingen höflich auf Standardfragen ein. Ob sie schon einmal eine SF-Welt ersonnen habe, die beim Leser überhaupt nicht gut angekommen sei, wurde Annette Juretzki gefragt. Was sollte sie anderes dazu sagen, als dass sie erst eine Serie veröffentlicht hat und die Welt in „Sternenbrand“ gut angekommen sei. Von Jens Lubbadeh wollte Katja Böhme wissen, warum er mit Hilfe der Phantastik ein Spiegelbild der Gesellschaft zeichne. Er könnte ja auch als Journalist arbeiten. Ihm blieb nichts übrig, als darauf hinzuweisen, dass er tatsächlich Journalist ist.
Die Moderatoren hatten sich also weder über die Gäste informiert, noch überlegt, wie man dieser Veranstaltung einen tieferen Sinn verleihen konnte. Ich habe selten eine so schlechte Gesprächsführung erlebt. Es ist ja ok, dass die Autoren sich und ihr Werk kurz vorstellen, aber so eine Diskussion sollte doch tiefer gehen. Dafür den Weg zu bereiten, waren weder Jochen Dreier, noch Katja Böhme auch nur ansatzweise in der Lage. Es war allein den anwesenden Autoren zu verdanken, dass schließlich doch noch über die Bedeutung von Science-Fiction als zeit- und gesellschaftskritische Literatur diskutiert wurde. Eine Literatur, die mögliche zukünftige Entwicklungen in unserer Gesellschaft aufzeigt und reflektiert, wie Ursula K. Le Guin es in den Werken ihres „Hainish“ – Zyklus („Freie Geister“) oder auch in Büchern wie „Die Geißel des Himmels“ getan hat.
Nach der „Think Ursula“ Veranstaltung trafen Amandara und ich Andreas Brandhorst zum Interview, in dem wir Themen wie Science Fiction und ihre Bedeutung für unsere Gesellschaft näher beleuchteten.
Auf zum BuCon nach Dreieich
Lesungen über bekannte und noch zu lesende Bücher: Oliver Plaschka – „Fairwater“ und „Der Kristallpalast“
Vorab war klar, wen ich um 11 Uhr bei der Lesung von Oliver Plaschka treffen würde: Marny, die auf Fantastische Bücherwelt bloggt. Wir sind beide große Fans des Autors. Oliver Plaschka stellte zwei neu erschienene ältere Titel vor: „Fairwater“ und „Der Kristallpalast“. Sein erstes Buch „Fairwater“ hat Oliver Plaschka aufwendig überarbeitet, bevor es bei Droemer Knaur zum zweiten Mal erschien, ursprünglich hatte es Feder&Schwert herausgebracht. Der Autor las eine schöne und spannende Stelle aus dem Kapitel „Lucias Spiegel“, bevor er eine wilde Verfolgungsszene aus „Der Kristallpalast“ vorstellte. Dieses Buch ist nun als Neuauflage vom Verlag ohneohren erhältlich. Ich mag ja Menschen, die über sich selber lachen können und Oliver Plaschka ist so einer. Wiederum aus „Fairwater“ stellte er uns Textstellen vor, wie sie vor und nach der ‚Entschlackung‘ in den Büchern stehen. Und ja, ich bin froh, dass ich die neuere Fassung des Buchs gelesen habe, auch mir hätten die in der Ur-Fassung vorkommenden komplex verschwurbelten Formulierungen nicht so gut gefallen. Oliver Plaschka erklärte dazu, dass er sich als junger Autor hinter seinen Worten versteckt hätte, was ich ein sehr sympathisches Statement fand.
Judith und Christian Vogt – “Die 13 Gezeichneten – Die verkehrte Stadt“ und „Roma Nova“
Judith und Christian lasen aus “Die 13 Gezeichneten – Die verkehrte Stadt“ vor, dem zweiten noch nicht erschienenen Teil der aktuellen Fantasy-Saga. Und aus „Roma Nova“, der Space Opera, die Judith ohne Christian geschrieben hat und die im Sommer 2018 erschienen ist. Die beiden sind inzwischen ein eingeschworenes Lesungsteam. Es machte Spaß, ihnen zuzuhören, als sie eine Szene vortrugen, in der sich Männer duellieren. Die Gedanken des Protagonisten, der nicht glauben kann, dass das was passiert wirklich passiert, waren gut nachvollziehbar. Die Textstelle zeigte eindrucksvoll ein typisches Merkmal der Vogt-Romane: eine Atmosphäre, in der sich naive Sorglosigkeit in Entsetzen wandelt. Auch der plastische Schreibstil der beiden Autoren eignet sich gut für Lesungen, man wurde als Zuhörer direkt in die Handlung des Romans transportiert. Genauso gut funktionierten die Textstellen aus „Roma Nova“, der in den Weltraum übertragenen Saga um den Spartakus-Aufstand. Judith und Christian hatten aus dieser Geschichte aktionsreiche Szenen und einen zynischen Dialog ausgewählt und dazu passende Illustrationen aufgehängt. Die Lesung hat mir große Lust auf beide Romane gemacht.
T.S.Orgel – Terra
Für Tom und Stephan Orgel war es die erste Lesung aus ihrem noch nicht erschienenen Weltraum-Abenteuer „Terra“. Die Textstellen kannte ich schon aus dem Testlesen. Es war interessant, Stephans Betonung des Protagonisten Jak zu lauschen, denn in meinem Kopf hörte er sich etwas lässiger an, zumindest in den Dialogen mit der KI. Auf jeden Fall verrieten die gewählten Passagen ein wenig über die Atmosphäre des Romans: mit dem Hauch eines düsteren Cyber-Settings, dennoch mit humorvollen Szenen und vor allem einer sich langsam aufbauenden, greifbaren Spannung.
Lucian Caligo – „Im Blut der Zwerge“
Tom Orgel empfahl mir die Fantasy-Bücher des Selfpublisher-Autors Lucian Caligo. Die Romane sind vollständige Selfmade-Projekte; ein befreundeter Illustrator (Raimund Frey) zeichnet die Cover-Bilder, eine Freundin kümmert sich um das Lektorat, das eine Herausforderung sein dürfte. Denn Lucian Caligo ist Legastheniker. Ein Blick in die Leseproben der Romane zeigt, dass Christina Reichel einen guten Job macht.
Es gibt von dem Autor bereits eine Art Apokalypse der Elfen „Die Elfen von Krateno“, „Die Widersacher von Krateno“ und „Die Invasion von Krateno“. Auf dem BuCon stellte Lucian Caligo den ersten Band einer auf derselben Welt (Godwana) spielenden Zwergen-Reihe vor: „Im Blut der Zwerge“. Was der Autor vorlas, machte mir die Geschichte schmackhaft, denn ich mag High-Fantasy, die sich auf abseitige Wege wagt. Aus dem Grund, und weil die Schreibe der Autorin genial ist, hat mir ja Swantje Niemanns Steamfantasy-Roman „Drúdir-Dampf und Magie “ so gut gefallen, von dem es übrigens eine Fortsetzung geben wird. Eine Völker-Fantasy Story, die in einem apokalyptischen Setting spielt, finde ich als Idee ebenfalls spannend. Deshalb habe ich „Im Blut der Zwerge“ jetzt auf meine Leseliste gesetzt.
Ju Honisch – „Blutfelsen“ und „Machtschattenspiele“
Ju Honischs Theaterstimme zuzuhören ist ein besonderer Genuss, der schon auf der Audio-Lesung bei der Fantasywoche 2017 eindrucksvoll herüberkam. Sie las eine spannende Kampfszene aus „Blutfelsen“ und ich war sofort wieder mitten in der Geschichte bei Shernay und Deruonn. Danach stellte sie ihre Kurzgeschichtensammlung „Machtschattenspiele“ vor und las daraus eine Geschichte über die griechischen Götter Europa und Zeus. Geschickt und humorvoll hat Ju Honisch die Sage aus der griechischen Mythologie nicht nur in unsere Zeit, sondern auch in die Ränke der Europa-Politik übertragen. Ich bin begeistert darüber, wie spitzzüngig, markant und unterhaltsam Ju Honisch zu schreiben und vorzulesen versteht.
Geläster, Gelächter und Gequatsche
Auf dem BuCon 2018 habe ich genau das getan, was ich mir vorgenommen hatte: spannende Lesungen verfolgt und interessante Menschen getroffen. Mit Judith Vogt habe ich ein wenig Nachlese zum „Think Ursula“ Event am Vorabend in Frankfurt gehalten. Wir hätten uns beide eine Veranstaltung gewünscht, die tiefer auf die Bedeutung und Philosophie der Science-Fiction Literatur eingegangen wäre, insbesondere von Autorinnen. Leider kamen die an der Diskussion beteiligten Frauen kaum zu Wort, nur dann, wenn sie die Diskussion an sich rissen. Judith hätte noch einiges zu sagen gehabt und Annette Juretzki und Theresa Hannig sicherlich auch.
Ich habe mich gefreut, mit phantastisch-lesen Mitstreiterin Amandara zu quatschen, die Orgels, Marcel Aubron-Bülles und Marny Leifers wiederzusehen und viele andere aus der Familie der Phantasten. Es war ein großer Spaß, aber auch ein intensiver Gedankenaustausch. Besser hätten die Frankfurter Buchmesse und BuCon für mich nicht laufen können, trotz der langwierigen An- und Abreise. DANKE an alle, die zu dem schönen Wochenende beigetragen haben und bis zum nächsten Mal auf der #LBM19.
Eva Bergschneider
Liebe Eva,
ein wunderbarer Beitrag. Danke, dass du uns mitnimmst auf deine kleine Messereise. Und nächstes Jahr … erleben wir hoffentlich einiges davon gemeinsam :-*
Ganz liebe Grüße,
Sandra
Ich hoffe auch, dass wir uns nächstes Jahr auf der FBM19 treffen. Und vielleicht sehen wir uns ja schon vorher. DANKE und Liebe Grüße, Eva