Auf den Linguisten und Schriftsteller John Ronald Reuel Tolkien (kurz J.R.R. Tolkien) geht die heutige Form der Völkerfantasy zurück. Seine Welt Mittelerde, bevölkert mit Elben, Zwergen, Hobbits, und Orks, prägte nachhaltig die High-Fantasy Literatur und stand im 20 und 21. Jahrhundert Pate für zahlreiche ähnliche Werke aus aller Welt.
Tolkiens Schulzeit und seine besten Freunde
J.R.R. Tolkien kam 1892 in Bloomfontain/Südafrika zur Welt und zog als Dreijähriger mit seiner Mutter und seinem Bruder nach England in die Nähe von Birmingham. Tolkiens Vater blieb in Südafrika und starb ein Jahr nach dem Fortgang der Familie. Als er zwölf Jahre war, verstarb auch die Mutter und J.R.R wuchs fortan in der Obhut von Pater Francis Morgan an der King Edwards School in Edgbaston/Birmingham auf. Der dort gegründete Club TCBS (Tea Club and Barrovian Society) bestand aus insgesamt neun Schülern. Doch seine engen Freunde, Christopher Wiseman, Geoffery Bache Smith und Robert Smith, sollten Tolkien lange Jahre begleiten und maßgeblichen Einfluss auf sein Werk haben.
Vor dem Krieg hatte sich Tolkien der Lyrik verschrieben und begann mit seinem Handbuch für die Sprache Quenya, aus der sich seine vielen Völkersprachen (Goldogrin/Noldorin = Gnomisch bzw Sindarin als Gemeinsprach der Elben) entwickeln sollten. Tolkien erarbeitet seine Sprachen mit den Methoden der Philologie und Linguistik und ließ sich von germanischen, nordischen und keltischen Sprachformen inspirieren.
Tolkiens Freunde waren 1916 schon längst zum Kriegseinsatz in WWI eingezogen worden, J.R.R wollte jedoch erst sein Studium der englischen Sprache in Oxford beenden. Inzwischen hatte er seine Vorliebe für das Altenglische entdeckt und das Gedicht „Beowulf“ mit Begeisterung verschlungen. Seine Jugendliebe Edith Bratt, zu der ihm sein Vormund bis zur Volljährigkeit jeglichen Kontakt verbot, heiratete J.R.R 1916 unmittelbar vor dem Einzug zum Militär. Das Ehepaar bekam zwischen 1917 und 1929 drei Söhne und eine Tochter.
Tolkien im ersten Weltkrieg
Den ersten Weltkrieg erlebte Tolkien mit all seinen Schrecken als Fernmelde-Offizier in der Schlacht „um ein paar Morgen Schlamm“ an der Somme in Frankreich. An Schützengrabenfieber erkrankt, kehrte er nach England zurück und erfuhr vom Tod des zweiten TCBS Freundes G.B. Smith, der ihn bis zuletzt zum Schreiben motiviert hatte. Diese Zeit gilt als die Geburtsstunde Mittelerdes. Das posthum veröffentlichte „The Book of Lost Tayles“ und Teile des „Silmarillion“ werden diesem Lebensabschnitt Tolkiens zugerechnet. Seine erfundenen Sprachen Quenya (auf Finnisch basierend) und Sindarin (dem Walisischen nachempfunden) wurden zu den Sprachen der Elben in Mittelerde. 1918 ereilte ihn erneut das Schützengrabenfieber, Tolkien kehrte nicht mehr an die Front zurück. Stattdessen zog er mit Edith und dem kleinen Sohn John Francis nach Oxford. Dort arbeitet er zunächst beim New English Dictionary und als Privatlehrer. 1920 trat er eine Assistentenstelle am Institut für englische Sprache in Leeds an, 1924 erhielt er dort endlich eine Professur für englische Sprache.
Akademische Karriere und Vaterpflichten
1926 bewarb sich Tolkien um einen Lehrstuhl für Angelsächsisch am Pembroke College und kehrte mit seiner Familie nach Oxford zurück. In dieser Zeit verband ihn eine enge Freundschaft mit Clive Staples Lewis, dem Autor der „Narnia-Chroniken“. Mit dessen Unterstützung setzte er an der Universität eine Lehrplanreform durch, die Sprach und Literaturwissenschaft stärker miteinander verband. Seine schriftstellerischen Erfolge wurzeln jedoch in seiner Fürsorgefunktion als Vater.
Tolkien erzählte seinen Kindern selbst erdachte Geschichten, aus denen 1930 die Erzählung „Der Hobbit“ hervorging. Eine ehemalige Studentin machte den Allen & Unwin Verlag darauf aufmerksam, der schließlich 1937 das Buch inklusive Zeichnungen von Tolkien veröffentlichte. Ein Nachfolge-Roman sollte her, doch die Arbeit daran verzögerte sich immer wieder. Tolkien wechselte 1945 noch einmal die Professur und schickte sich nach Differenzen mit Allen & Unwin an, auch den Verlag zu wechseln. Erst nachdem Rayner Unwin, der als Kind den Hobbit testgelesen und geliebt hatte, zum Juniorverleger aufstieg, erschien 1954 endlich „Der Herr der Ringe“. Aufgrund von horrenden Papierpreisen wurde das Werk in drei Bände unterteilt und so erschienen die Romane „The Fellowship of the Ring“, „The Two Towers“ (beide 1954) und „The Return of the King“ (1955).
In den Folgejahren schrieb Tolkien neben weiteren Werken am „Silmarillion“, das er jedoch zu seinen Lebzeiten nicht mehr fertigstellen konnte. Im Alter von 81 Jahren verstarb J.R.R Tolkien am 2. September 1973 in Bournemouth.
Die Tatsache, dass wir uns bis heute an neu veröffentlichten Texten von J.R.R Tolkien erfreuen können, ist dem Nachlassverwalter und drittem Sohn Christopher Tolkien zu verdanken. Zuletzt veröffentlichte dieser einen Erzählband mit verschiedenen Varianten der Liebesgeschichte aus dem „Silmarillion“, „Beren und Lúthien“.
Mehr über J.R.R. Tolkien findet ihr bei wikipedia,
eine Sachbuchkritik zu „Tolkien und der erste Weltkrieg“ von John Garth bei booknerds.
und ein Artikel „Heldinnen in der Fantasy-Literatur“ mit einem Blick in die Neuausgabe der Geschichte um „Beren und Lúthien“ auf dem Hobbit-Presse Blog.
Phantastische Literatur von J.R.R. Tolkien
Fantasy
Der Herr der Ringe
Die Gefährten | 1969/1970 |
Die zwei Türme | 1969/1970 |
Die Rückkehr des Königs | 1969/1970 |
weitere Geschichten aus Mittelerde
Das Silmarillion | 1978 (2016) |
Nachrichten aus Mittelerde | 1986 |
Die Kinder Húrins | 2007 |
Beren und Luthien | 2017 |
Der Fall von Gondolin | 2018 |
Der Untergang von Númenor | 2022 |
andere Werke Tolkiens
Geschichten aus dem gefährlichen Königreich | 2011 |
Die Geschichte von Kullervo | 2018 |